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Mehr Gnade für Tauben

Sie gilt als Symbol des Friedens. Und angehende Ehepartner lassen sie am Hochzeitsfest begeistert in die Lüfte steigen. Glück soll das bringen und eine Prise Romantik. Im Alltag aber werden Tauben gehasst und verscheucht.

Vor rund 35 Jahren fand Gudrun Stürmer eine blutende Taube am Frankfurter Hauptbahnhof, heute kümmert sie sich um mehrere Hundert. Die 65-Jährige ist Vorsitzende des Frankfurter Vereins Stadttaubenprojekt und hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für kranke Tauben zu sorgen und für sie zu werben. 2007 erhielt der Verein für sein Engagement den Landestierschutzpreis und inzwischen nimmt der Frankfurter Gnadenhof des Vereins pro Jahr rund 3000 Tauben auf.

Ein Ort für die Ewigkeit, nicht nur für Tauben

Das Gelände, auf dem die Tauben Schutz finden, liegt in Oberrad; zwischen Feldern mit Kohl und Kräutern, zwischen Schrebergärten und der Schnellstraße, die zum Kaiserlei führt.

Blick auf den Eingangsbereich des Gnadenhofs mit Gudrun Stürmer, die
zur Krankenstation läuft.

Schier unendlich ist der Garten, der fast wie ein Park wirkt, ein wenig verwunschen und von hohen Baumkronen beschattet. Ein Idyll, an dessen Seiten sich Volieren mit Tauben aneinanderreihen. Manche ein wenig schief und krumm, andere frisch und gepflegt. In regelmäßigen Abständen zieht ein Schwarm Tauben seine kleinen Kreise, wechselt von Volierendach zu Baum. Vögel zwitschern geschäftig. Hier wird unermüdlich sanft gegurrt und gekrächzt.

Auf dem Frankfurter Gnadenhof leben nicht nur Tauben – unzählige heimische Vögel wie Spatzen und Krähen sitzen außerdem in großen Gruppen gut gelaunt auf Ästen und Zweigen, machen sich her über das Futter, mit dem Gudrun Stürmer sie versorgt. „Mit den Raben haben wir eine Kooperation geschlossen“, erzählt sie schmunzelnd. „Dafür, dass sie uns die Habichte fernhalten, kriegen sie Taubeneier und Futterreste“.

Zur gefiederten Mannschaft zählt außerdem der Rabe Kurt, Elli, die Elster und ein Perückenhuhn, letzteres ein Überbleibsel des Kleintierzüchtervereins, der dort vor Jahren sein Vereinsgelände hatte.

Die Freiheit zu bleiben

„Hühner können, so wie Tauben auch, 25 Jahre alt werden“, erklärt Gudrun Stürmer. Der Frankfurter Gnadenhof beherbergt deshalb auch Volieren, die als Altersheime fungieren: Hier bilden die 15+ Tauben Gruppen. Einige davon sind ehemalige Brieftauben, die nicht in ihren Verschlag zurück können, weil etwa der Besitzer gestorben ist. Daneben gibt es Freiflug-Volieren. Das sind offene Verschläge für Tauben, die wieder gesund sind. „Sie können entscheiden, ob sie zurück in ihr Revier fliegen oder nicht“, erklärt sie. Und für was entscheiden sie sich? „Sie bleiben hier“.

Gudrun Stürmer findet: „Tauben erinnern den Menschen an sich selbst; sie sind laut, sie machen Dreck, sie sind viele und deshalb mag man sie nicht.“ Und auch unter Tauben gäbe es Stinkstiefel. So bezeichnet sie Tauben, die mit allen Streit suchen. Diese Tauben bilden dann eine eigene Gruppe; Tauben sind Schwarmtiere, sie mögen nicht gerne alleine sein. Vor einigen Jahren zog deshalb auch gleich eine ganze Gruppe Tauben vom Frankfurter Westbahnhof auf den Gnadenhof, die dort nicht bleiben konnte. Die Voliere zahlte das Umweltdezernat.

Acht Mal im Jahr legen Tauben Eier, zwei Stück. Um die Taubenpopulation im Griff zu halten, werden die Taubeneier durch Gipseier ersetzt. Nicht nur auf dem Gnadenhof. Der Verein kümmert sich außerdem um mehrere Taubenhäuser, die in der Stadt vereilt sind.

Hilfe für die Taubenretter

Für ihr Engagement erhielt Gudrun Stürmer 2018 die Bürgermedaille der Stadt Frankfurt. Und das ehrt sie sehr. Doch wirklich wichtig sei finanzielle Hilfe. 20.000 Euro erhält sie von der Stadt. „Doch das reicht natürlich hinten und vorne nicht“. Um nämlich den schönen Park mit all den Vögeln sauber und in Schuss zu halten, sind neben ehrenamtlichen Helfern auch festangestellte Mitarbeiter nötig. „Wir brauchen Geld“, sagt sie. Wir müssen die in die Jahre gekommenen Volieren des Gnadenhofs herrichten; ein wenig streichen, Hölzer austauschen, den großen Garten in Schuss pflegen.

Und das wäre doch auch richtig: Denn es wäre auch ein Zeichen. Denn der Park mit den alten Bäumen und den vielen unterschiedlichen Vogelstimmen, mit den Mauerechsen und Eichhörnchen ist ein Ort, von denen es immer weniger gibt. Und von denen wir aber noch viel mehr brauchen.

Jede Spende zählt.

Stadttaubenprojekt Frankfurt e.V.

IBAN DE 62 50190000 6100906455
BIC FFVBDEFFXXX
Bank Frankfurter Volksbank eG

Notfalltelefon für hilfsbedürftige Tauben:

0170 – 84 84 757

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